Nach 10 Tagen zurück, aber nicht wieder am Anfang

Gemeinsam auf dem Weg. Die Kolpingjugend im Diözesanverband pilgerte im August auf dem Jakobusweg von Rottenburg nach Freiburg. Bilder: Kolpingjugend DVRS, Herbert Beutter

Dies ist eine Geschichte, wie sie wohl jeder zurückgekehrte Abenteurer erzählen könnte. Am Anfang der Reise steht ein Ziel. Dem einen mag Freiburg ein bekanntes Ziel sein, dem anderen, so wie mir, ist es noch gänzlich unbekannt. Was aber wohl keiner von uns Pilgern zu wissen vermochte, ist, wie es sein wird, wenn wir am Ziel angekommen sind.

Ein Pilgerbericht von Leo Schreiber.

Wir Kolpingjugendliche begannen unsere Pilgerwanderung von Rottenburg nach Freiburg mit vielen Gedanken über unsere Ziele. Jedes Anheben unseres Fußes schien ein selbstverständlicher, ebenso wahlloser und unbedeutender Schritt zu sein. Man wanderte eben so vor sich hin. Bis wir am Ende eines Tages oder am Ende der Reise zurückblickten und eine Linie erkannten. Ich spreche nicht nur von dem Weg, den unsere Füße gingen, vielmehr denke ich an die Entwicklung unseres Gemütszustands und der Gemeinschaft. Jeder Gedanke, jedes Gespräch erscheint mir nun in einem Kontext, den ich nur rückblickend verstehen kann. Ich frage mich, wer führte diese Reise?

Intuitiv machen wir mal größere und mal kleinere Schritte, wählen Worte, spinnen Gedanken. Alles im Glauben, man könne seinen Weg genau beschreiben, sei Herr über seine Reise. Nun bin ich aber eben nicht genau dort angekommen, wo ich mein Ziel gesetzt habe. Oder bin angekommen, und es ist eben nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Und dennoch bin ich irgendwie am Ziel. An meinem Ziel?

Der Schwarzwald hat mich gelehrt, dass ich manchmal genauso gut blind gehen kann - zumindest solange jemand da ist, der mich führt. Und wenn man mal die Augen geschlossen hat und weder vor noch zurücksieht, erkennt man viel mehr von demjenigen, der einen führt. Überhaupt gibt es dann nur noch zwei Stimmen, seine und deine und das Gefühl des Bodens, der sich in diesem Moment unter den eigenen Füßen befindet. Er fühlt sich genauso an, wie er sich immer anfühlt, nur das er viel präsenter und wichtiger erscheint, weniger selbstverständlich. Ich behaupte, in diesen Momenten erkennen wir mehr von uns selbst, von unserem Begleiter und von unserem Weg.

Natürlich gibt es auch den ein oder anderen Ausblick, der uns die Schuhe auszieht und uns auf den Boden der Schöpfung holt, während unser Geist sich in die Landschaft ergießt. Momente des Staunens. Momente, „in den wir unser weltliches Ich mit den Farben der Schöpfung füllen, um in der Dürre des nahenden Winters davon zu zehren“, wie eine Pilgergefährtin es ausdrückte.

Nicht nur gewaltige Ausblicke, sondern auch große Persönlichkeiten, wie ich einen jeden, dem ich begegnet bin, bezeichnen will, schafften es in unser Herz.

Hoffentlich kommen diese geselligen, lustigen, bedachten, vielseitigen, tiefgründigen, offenen, leichten, herzlichen, schüchternen, tiefen, neugierigen, wortgewandten, unterschätzten, verständnisvollen… Momente in den Sinn, wenn wir mal wieder zweifeln.

Zuletzt gibt es dann noch unzählige Ereignisse, über die vielleicht kein Lied geschrieben wird, die aber, wann immer wir an sie denken, ein Lied in uns spielen.

Nach 10 Tagen bin ich vielleicht zurück, aber nicht wieder am Anfang.